Edgar Oehler geht. Fast. Der Konzernchef der AFG Arbonia Forster gibt die operative Leitung des Unternehmens Ende April ab, bleibt aber Verwaltungsratspräsident und Hauptaktionär. Womit klar ist: Er behält das Heft in der Hand, wenn auch im Hintergrund.
Der 68jährige Rheintaler hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er sich bei der Arbeit nicht gerne dreinreden lässt: «Eine solche Firma braucht jemanden, der bestimmen kann. Ich lasse mir doch als Mehrheitsaktionär, der sehr viel Geld ins Unternehmen gepumpt hat, nicht sagen, was ich zu tun habe», sagte er einmal in einem Interview.
Forsch ist Oehler seit seiner Übernahme der AFG im Jahr 2003 zu Werke gegangen: Das Unternehmen wuchs rasch, die Gewinne ebenso. Als der Konzern in der jüngsten Wirtschaftskrise arg ins Schlingern geriet, verteidigte Oehler die Expansionsstrategie und wehrte sich vehement gegen Gerüchte, die Banken hätten die Kontrolle über die AFG übernommen. Die Idee, den Konzern aufzuteilen, schob er weit von sich: «Da würde ich mein ganzes Leben verleugnen und meine ganze Regional- und Wirtschaftspolitik. » Mit der Nachfolgeregelung im Konzern tat er sich entsprechend schwertrotz persönlicher Schicksalsschläge: Ende 2008 erlitt Oehler eine schwere Blutvergiftung, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte, im Frühling 2010 wurden Frau und Tochter bei einem Autounfall schwer verletzt. «Was mich nicht umbringt, macht mich härter», meinte er zu dieser schwierigen Phase.
Einfach auszuspannen, wäre langweilig, fand Oehler noch im vergangenen Herbst. «Ich bin das nicht gewohnt » aber auch er müsse mal aufhören. Jeden Tag steht er um sechs im Büro, schluckt laut eigenen Angaben seit Jahren täglich Dutzende von Vitamintabletten. Permanentes Multitasking ist ein Grund für seinen wirtschaftlichen Erfolg: Schon als junger Assistent an der HSG und später als Chefredaktor der Tageszeitung «Ostschweiz » betrieb Oehler nebenbei ein Gipsergeschäft und handelte mit Immobilien. Heute zählt er laut «Bilanz» zu den 300 reichsten Schweizern - mit einem Vermögen von 100 bis 200 Millionen Franken.
Einen langen Atem hatte Oehler auch als CVP-Nationalrat: Sechs Legislaturen lang, von 1971 bis 1995, politisierte er in Bern - bis ihn die eigene Partei mit einer neuen Altersbeschränkung, bekannt geworden unter dem Namen «Lex Oehler», an einer weiteren Kandidatur hinderte. Als Politiker fiel der Patron mit unverblümten Aussagen und spektakulären Soloaktionen auf: So handelte er 1990 als Leiter einer Schweizer Delegation im Irak die Freilassung von 36 Geiseln aus - und handelte sich damit den Übernamen «Kalif von Bagdad» ein.
Neben der Weltpolitik war Edgar Oehler die Entwicklung der Region Ostschweiz stets ein Anliegen. Zu seinen Anstrengungen diesbezüglich zählt er den Aufbau der AFG, aber auch die finanzielle Unterstützung des FC St. Gallen. Während der Misere rund um die Arena-Gesellschaften liess sich Oehler als Namensgeber und Hauptsponsor laut vernehmen, kritisierte sowohl Führung und Organisation des Stadions wie auch die Politik, die ein Rettungspaket für die Arena verhinderte, und beteiligte sich schliesslich mit 1,2 Millionen an der Rettung des FC St. Gallen.
«Ich buche das unter <Brot und Spiele> ab», meinte Oehler zu seinem finanziellen Engagement für den Sport. Diese kaiserliche Direktive gilt auch im Unternehmen: Die Angestellten der AFG dürfen sich EM- und WMSpiele anschauen - die Arbeitszeit wird dafür jedoch unterbrochen.
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Der laute Patron
[Thurgauer Zeitung | 26. Januar 2011 | Artikel]