More interviews

«Die Gedanken führten zu einem Ziel: Überleben»

Leader

26 March 2011

Interview

Alles war in Fahrt

St. Galler Tagblatt

04 March 2011

Interview

Ein Unternehmer stirbt nicht. Er geht.

NZZ am Sonntag

13 February 2011

Interview

Zitat

"Wir müssen unsere Kader mehr fordern. Viele Unternehmen haben an der Spitze Zirkuspferde. Der Ackergaul aber zieht die Furchen, in die man säen kann."
Rheintalische Volkszeitung, 24. November 2007

Contact

AFG Arbonia-Forster-Holding AG
Dr. Edgar Oehler
Amriswilerstrasse 50
CH-9320 Arbon
T +41 71 447 41 41
F +41 71 447 45 89
presse@afg.ch

Interviews are only available in German.

Alles war in Fahrt

[St. Galler Tagblatt | 04 March 2011 | Interview]

AFG-Chef Edgar Oehler über den raschen Wandel im Geschäftsleben, seine Bezüge und seine Nachfolge.

Herr Oehler, Glückwunsch. Sie haben soeben Ihren 69. Geburtstag gefeiert. Wie haben Sie den Tag verbracht?
Ich war wie immer um 5.30 Uhr morgens im Büro. Erst am Abend traf sich dann unsere ganze Familie einschliesslich der Enkelkinder. Aus grossen Feiern mache ich mir nichts. Lieber eröffne ich eine neue Fabrik. Eigentlich hätte das auch dieses Jahr der Fall sein sollen. Die AFG hatte geplant, Anfang Monat ein neues Werk in China zu eröffnen. Leider haben uns dort politische Vorgaben kurzfristig einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber das Projekt ist auf gutem Weg

Und wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Ich fühle mich sehr fit. Diese Woche hat mich der Arzt offiziell aus meinem bisherigen Zustand entlassen, der durch die Blutvergiftung vor gut zwei Jahren geprägt war. Morgens und abends absolviere ich regelmässig ein Lauftraining entweder auf dem Laufband oder im Gelände. Aber es ist unbestritten: Ich habe himmeltraurige Jahre hinter mir. Es war wohl mein grösster Fehler, dass ich mir nie Ruhe gegönnt habe.

In den vergangenen Wochen sind nochmals wegen Bezügen happige Vorwürfe an Sie gerichtet worden. Haben Sie die einfach so weggesteckt?
Ich habe immer ganz genau gewusst, was ich getan habe und was nicht. Deshalb habe ich auch keine schlaflosen Nächte gehabt. Zum Glück kann ich immer gut schlafen kurz und intensiv.

Früher wurden Sie als Unternehmer gelobt, heute wird Ihnen vorgeworfen, Sie hätten sich auf Kosten des Unternehmens bereichert. Was ist denn Ihrer Meinung nach dazwischen passiert?
Nachdem ich Ende 2003 die Aktienmehrheit der AFG übernommen hatte, begann in der Weltwirtschaft gerade eine unglaubliche Boomphase. Wirtschaftlich gesehen standen die Zeichen überall auf Wachstum. Weil ich mit den Märkten in Asien, Europa und USA bestens vertraut war, sah ich vor allem Chancen. Alles war in Fahrt. Es machte Spass, die Firmen fortlaufend auszubauen. In diesen Zeiten habe ich dann gewissen administrativen Bestimmungen wohl zu wenig Beachtung geschenkt.

Was heisst das konkret?
Ich hätte damals vieles besser und genauer festhalten sollen. Zwar sind meine Ausgaben dokumentiert, aber ich hätte einige Punkte noch viel akribischer niederlegen müssen. Das gilt auch für alles, was ich während Jahren ins Unternehmen investiert habe. Dann würde man mir jetzt nicht vorwerfen, ich hätte mich auf Kosten des Unternehmens bereichert.

Ein konkreter Vorwurf betrifft den Verkauf der STI Hartchrom an die AFG im Jahr 2007. Sie hätten für die Ihnen gehörende STI Hartchrom einen viel zu hohen Preisverlangt vor allem, weil wenig später deren Geschäfte massiv einbrachen.
Hinter dem Verkauf standen ausschliesslich firmenstrategische Gründe. Es war mir klar, dass durch das starke Wachstum neue Strukturen gefragt waren. Nicht nur für die expandierende STI. Auch für die AFG bot die Übernahme mittelfristig Chancen. Sie konnte ihre Position im Technologiegeschäft verstärken und weniger abhängig werden von der Baukonjunktur. Dass später dann eine massive Finanz- und Wirtschaftskrise folgen würde, welche die Geschäfte derart zusammenbrechen liess, konnte ich nicht ahnen. Zudem gab es damals durchaus andere Interessenten für die STI konkret aus Europa und den USA.

Warum haben Sie denn diese Angebote aus dem Ausland nicht angenommen?
Da kam auch meine politische Mentalität zum Tragen. Ich bin überzeugt, dass man in der Ostschweiz Arbeitsplätze für alle Schichtenerhalten soll. Auf diese Weise können Menschen ihr Leben langfristig in einer Region planen. Mit dem Verkauf der Steinacher STI an die Arboner AFG sah ich dieses Ziel am ehesten erfüllt.

Sie zahlen nun aber der AFG einen Millionenbetrag für bezogene Leistungen zurück. Klingt wie ein Schuldeingeständnis.
Wie gesagt, kann man mir vorwerfen, gewisse Details zu wenig dokumentiert zu haben. Mehr allerdings nicht. Es trifft zu, dass heute allgemein eine grössere Transparenz verlangt wird. Diesen Ansprüchen wird deshalb mit der jetzigen Zahlung Genüge getan.

Welcher Vorwurf hat Sie am härtesten getroffen?
Jene Vorwürfe, die direkt meine Familie betrafen. Konkret, sie seien privat auf Geschäftskosten nach Florida gereist. Diese Anschuldigungen haben auch ihnen zu schaffen gemacht. Weil sie genau wissen, dass sie nicht zutreffen.

An der Generalversammlung sind Kritik und Fragen von Aktionären zu Ihren umstrittenen Bezügen zu erwarten.
Sicher gibt es Kritik. Kritik ist in Ordnung, solange der Anstand gewahrt bleibt.

Am kommenden Dienstag soll an der Bilanzpressekonferenz bekannt werden, wer der neue Konzernchef ist. Sind Sie fündig geworden?
Wir werden spätestens am 8. März 2011 informieren.

Was für eine Persönlichkeit wird es sein?
Der neue Chef muss viele Eigenschaften auf sich vereinigen, weil sich die AFG in fünf Divisionen gliedert. Er muss sich sowohl im Baugeschäft auskennen wie in der Technologie. Produkte, Märkte, die Internationalisierung, der Ländermix all das ist von Geschäft zu Geschäft verschieden Hinzu kommen Erfordernisse wie Sprachkenntnisse, Wohnsitznahme in der Ostschweiz oder Bereitschaft zulangen und unregelmässigen Arbeitszeiten.

Gelten für den neuen Chef striktere Regelnbezüglich Vergütungen als für Sie?
Das hat nichts mit strikter zutun. Es gibt Regeln, die gelten. Punkt. Man muss auch sehen: Der neue Chef fängt frisch an im Unternehmen. Er hat keine unternehmerische Vergangenheit bei der AFG so wie ich. Der Neue kennt also die AFG noch kaum.

Lastet darum zumindest in seiner Anfangsphase eine besondere Verantwortung auf den Divisionsleitern?
Das ist so. Deshalb reorganisieren wir die AFG auch in Richtung einer Industrieholding, mit den dreibaunahen Divisionen auf der einen Seite und den zwei Technologiedivisionen auf der anderen, verbunden mit mehr Kompetenzen für die Divisionsleiter.

In diesem Zusammenhang haben Sie in der Vergangenheit als Option einen Spin off der Technologiedivisionen genannt, sobald diese ihren kombinierten Umsatz von zuletzt 200 auf 300 Millionen Frankenerhöht haben. Gilt diese Option weiterhin?
Das Portfolio ist nie in Stein gemeisselt. Das darf es auch nicht sein. Heute wandelt sich die Welt viel rascher als früher. Laut unserer Mittelfristplanung hätten die Technologiedivisionen2012 das Umsatzziel von 300 Millionen Franken erreichen sollen. Nun hat die Krise dazwischengefunkt, und es wird etwas länger dauern.

Mit der bevorstehenden Abgabe des Amts als Konzernchef nimmt ihre Arbeitsbelastung ab. Haben Sie sich darüber schon Gedanken gemacht?
Ich werde zeitlich weniger belastet sein. Das wird es mir erlauben, künftig ein Leben pro Tag zu führen. Ich kann physisch normal leben und werde nicht mehr morgens um 4.30 Uhr aufstehen.

Haben Sie es angesichts der Turbulenzen um den FC St. Gallen und das Stadion je bereut, mit Ihrem Unternehmen Namensgeber der AFG Arena zu sein?
Im Gegenteil: Man spricht von der AFG Arena. In der Schweiz waren wir die ersten, die Namensrechte an einem Fussballstadion erworben haben. Das hat uns sehr geholfen. Wir haben dank der AFG Arena schon im ersten Jahr eine Milliarde Kontakte verzeichnet, bevor im Stadion überhaupt der erste Ball gekickt worden ist.

Wo steht das Unternehmen AFG in fünf Jahren?
Dann werde ich auch als Verwaltungsratspräsident nicht mehr hier sein. Höchstens noch als Aktionär. Wie das Unternehmen dann aussehen wird, lässt sich nicht sagen. Dazu ist das Tempo der Veränderung viel zu hoch.

Und wo steht der FC St. Gallen am Ende der Saison?
Er wird den Ligaerhalt schaffen. Nach den Gesprächen der vergangenenpaar Tage bin ich davon überzeugt.