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Zitat

"Wir müssen unsere Kader mehr fordern. Viele Unternehmen haben an der Spitze Zirkuspferde. Der Ackergaul aber zieht die Furchen, in die man säen kann."
Rheintalische Volkszeitung, 24. November 2007

Kontakt

AFG Arbonia-Forster-Holding AG
Dr. Edgar Oehler
Amriswilerstrasse 50
CH-9320 Arbon
T +41 71 447 41 41
F +41 71 447 45 89
presse@afg.ch

Ein Unternehmer stirbt nicht. Er geht.

[NZZ am Sonntag | 13. Februar 2011 | Interview]

AFG-Chef Oehler will keine Firmengelder entwendet haben.

Er wartet nicht einmal die erste Frage ab, sondern beginnt gelassen mit seiner Verteidigung. «Es stimmt zwar, dass wir ein Haus in Florida besitzen. Ich habe aber private Ferienreisen dorthin mit meiner Familie nie mit Firmengeldern bezahlt», sagt Edgar Oehler, Chef, Verwaltungsratspräsident und bis vor zwei Jahren Mehrheitsaktionär der Ostschweizer Arbonia-Forster-Gruppe (AFG). Spesenabrechnungen würden seit Jahren monatlich durch ihn selbst, seine Assistentin und die Finanzabteilung kontrolliert. Trotzdem läuft eine interne Revision, welche die Ausgaben der Firma der letzten Jahre überprüft. Der Verwaltungsrat will Klarheit darüber, ob Oehler Privates und Geschäftliches immer sauber getrennt hat. Der Bericht soll demnächst vorliegen.

Das Misstrauen muss den Patron schmerzen: Oehler übernahm 2003 die Mehrheit an der AFG, rasantes Wachstum über verschiedene Übernahmen folgte – bis zur Finanzkrise. Oehler kam finanziell unter Druck, weil die Verschuldung zu stark anstieg. Die Banken übten Druck auf den damals schwer erkrankten Mehrheitsaktionär aus. 2008 beschlossen die AFG-Aktionäre eine Kapitalerhöhung von 113 Mio. Fr. 2009 musste Oehler die Einheitsaktie akzeptieren und Macht abgeben. Seither nimmt auch der Verwaltungsrat seine Kontrollfunktion ernst. Oehler zeigt sich zuversichtlich: «Ich habe sicher nicht viel falsch gemacht. Aber wenn man viel arbeitet, passieren auch Fehler.» Und dass er seit seinem ersten Abgang bei AFG im Jahr 1989 von Mitarbeiterkonditionen profitiere, wenn er AFG-Produkte beziehe, sei sein gutes Recht. Den Beweis dafür zieht er aus seinem Mäppchen: Eine mehrseitige Vereinbarung in Schreibmaschinenschrift, zusammengeheftet mit einer rostenden Klammer und unterschrieben vom damaligen AFG-Eigentümer Köbi Züllig und von Edgar Oehler am 1. Dezember 1989. In der Vereinbarung steht: «Oehler ist berechtigt, weiterhin zu den Bedingungen, wie sie für Mitarbeiter der AF-Gruppe bestehen, für sich persönlich Waren in der AF-Gruppe zu beziehen.» Diese Vereinbarung sei nie aufgehoben und auch nie kritisiert worden. Sogar Christoph Blocher und alt Bundesrat Kurt Furgler, die damals beide im AFG-Verwaltungsrat sassen, hatten Kenntnis von der Abgangsentschädigung besonderer Art. Als Oehler die Mehrheit der AFG übernahm, legte er die Vereinbarung der damaligen internen Revisionsstelle vor. Die interessierte sich nicht dafür, da es belanglos sei.

Oehler nutzte die Sonderkonditionen rege. Er hatte seit Jahren schon einige aktive Immobilienfirmen, baute Immobilien, vor allem ab der Krisenzeit 1993. Diese rüstete der ehemalige CVP-Nationalrat mit AFG-Produkten aus. Günstig gebaut also und mit grösserem Profit wieder verkauft? «Ich habe nie mit Immobilien gehandelt, nie verkauft; also auch nie Profit daraus geschlagen, dass ich günstig gebaut habe.» Er habe nur Mietwohnungen erstellt, die er alle noch besitze. «Meine vier Töchter sollen diese Immobilien einmal erben können.» Jede werde das gleich grosse Päckchen bekommen. Die Musterwohnung der Firma, die er öfters für private Zwecke benutzt haben soll, hat er privat gekauft und an AFG vermietet. «Privat habe ich die kaum je gebraucht, das ist ein wichtiger Showroom für die AFG, der aber nicht bewohnbar ist.»

Oehler ist 69 Jahre alt. Was würde er anders machen, könnte er nochmals beginnen? «Alles besser dokumentieren, was zu meinen Gunsten oder Ungunsten ausfallen würde.» Er habe nie aufgeschrieben, dass er sieben Tage die Woche von 6 bis 22 Uhr gearbeitet, kaum einen Ferientag bezogen habe. «Es wäre gut, hätte ich dies alles notiert, nachdem mir vorgeworfen wird, ich hätte mich auf Firmenkosten bereichert. Und ich würde Dinge nur noch mit Kreditkarten bezahlen, weil so immer alles belegbar ist.»
Aus heutiger Sicht würde er wohl auch nicht mehr so viele Firmen zusammenkaufen. Die Schulden haben die Firma in der Krise fast erdrückt. Nun soll der neue CEO (siehe Interview) freie Hand haben, in Absprache mit dem Verwaltungsrat Firmenteile verkaufen dürfen. «Das Portfolio ist nie in Granit gemeisselt», sagt Oehler, «in Granit gemeisselt ist nur mein Grabstein: <Ein Unternehmer stirbt nicht. Er geht.>» Er spricht von einer Zäsur, die mit dem neuen Boss auf AFG zukomme. «Wir stehen heute bezüglich Eigenkapital, Cash und Schulden sehr gut da.» AFG schreibe 2010 wieder Gewinn.

Eine Frage lässt der abtretende 69-jährige Patron erst am Ende des Gesprächs zu: «Wie geht es Ihnen?» – «Ausgezeichnet. Ich treibe täglich zwei Stunden Sport.» Die Antwort kommt so prompt wie eingangs die Verteidigungsrede.