„Wie zufrieden sind Sie mit dem Steuerklima im Kanton St. Gallen?“, lautete eine der vielen Fragen von Wirtschaftsjournalistin Inge Staub an Edgar Oehler, den in Balgach steuerpflichtigen VR-Präsidenten der AFG. Gespannte Stille im Raum. Immerhin wurde sie jemandem gestellt, der erheblich dazu beiträgt, dass das Steuersubstrat in dieser Gemeinde nicht unerheblich vergrössert wird. Erwartet wurde natürlich, dass Edgar Oehler, bekannt für seine ungeschminkte Ausdrucksweise, mit Kritik nicht hinter dem Berg halten werde. Er musste sich keine Sekunde besinnen: «Nicht nur zufrieden, sondern sehr zufrieden», sagte er zur grossen Verblüffung der vielen Zuhörerinnen und Zuhörer. Er hatte allerdings zuvor eingeräumt, dass er zu einem früheren Zeitpunkt einmal - aus Gründen einer möglichen Steueroptimierung - verschiedene Standorte evaluiert habe. Darunter etwa auch Appenzell lnnerrhoden oder Pontresina. Obwohl der Vergleich zu Ungunsten des Kantons St. Gallen ausgefallen sei, habe er sich damals trotzdem entschieden, seinen Wohnort nicht zu wechseln. „Zum einen, weil ich mich Balgach und dem Rheintal besonders verbunden fühle, hier ist meine Heimat. Zum anderen, weil ich diesen Kanton 24 Jahre lang im Nationalrat vertrat. Für manche zu lang, für manche zu kurz. Und schliesslich habe ich an der HSG studiert.“
Oehler fährt fort: „Dass sich diese Universität so gut entwickeln konnte, dazu haben auch Steuerzahler aus diesem Kanton beigetragen. Ich finde es daher richtig, diesem Kanton etwas zurückzugeben und nicht einfach abzuhauen, nur weil es mir heute besser geht als damals. Was soll ich in Dubai, wo ich von Steuern befreit wäre, aber dafür bei 45 Grad im Schatten schmoren müsste und keine Wurzeln mehr habe?“, fragte er, was viele zum Schmunzeln brachte. Unter ihnen PwC-Gastgeber Peter Schmid. Er werde sich das mit dem „Schmoren“ für seine nächsten Standortverhandlungen merken, versprach er.
Oehler ging - unter anderem - auch mit denen ins Gericht, die sich darüber mokiert haben, dass der Kanton St. Gallen Mittel thesauriert und mittlerweile eine Milliarde Franken auf der hohen Kante habe. „Gerade in der derzeitigen Situation wird deutlich, wie wichtig ein Polster ist. Anstatt sich zu verschulden, kann der Kanton jetzt die Wirtschaft ankurbeln und muss nicht gleich an der Steuerschraube drehen“, lobte Oehler, der mehrmals das „entspannte Verhältnis“ zwischen den Steuerzahlern und den Steuereinnehmern ansprach. „Oder finden Sie etwa, dass es in unserem Kanton an etwas mangle? Die Infrastrukturen stimmen und das Steuerklima auch», stellt er fest, um gleich hinzuzufügen, dass ja niemand gezwungen werde, sich hier niederzulassen. Oehler attestierte den Steuerbehörden auch, dass sie in den letzten Jahren „viel dazugelernt hätten“. Den jüngsten Steuersenkungsbeschluss wie auch den letzten - beide Male geht es um eine Reduktion von zehn Prozent - taxierte er als vertretbar und wandte sich entschieden gegen eine Fiat Rate Tax (diese Steuer ist proportional - ohne Anstieg der Grenzsteuersätze). Seine Begründung: Dieses Steuersystem berge eine grosse Gefahr in sich: „Sie kann unsozial werden.“
Oehler sprach sich auch dafür aus, darauf zu achten, dass „der Staat nicht irgendwann zu schwach auf der Brust wird“. Der Kanton St. Gallen habe seine Hausaufgaben gelöst. Oehler nannte namentlich die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung, die Streckung der Tarifstruktur oder die Möglichkeit, künftig die Gewinnsteuer an die Kapitalsteuer anzurechnen. Im Klartext: Ist die Gewinnsteuer höher als die Kapitalsteuer, entfällt letztere. Oehler erwähnte Eckpunkte der Reformbemühungen im Steuerwettbewerb, die auch im Referat von PwC-Direktor Christoph Lehmen ein Thema waren - im Rahmen einer Betrachtung über die Unternehmenssteuerreform II. Sie wird stufenweise in den nächsten Jahren in Kraft treten. Für den Kanton St. Gallen erwähnte er speziell den anvisierten reduzierten Gewinnsteuersatz - von 4,5 auf 3,75 Prozent - und die ebenfalls reduzierte Gesamtsteuerbelastung von jetzt 18,8 auf 16,9 Prozent.
Über die Einflussfaktoren auf die Managementvergütung sowie über das Ergebnis einer Umfrage zum Thema Finanzkrise und Entlöhnung referierte Petra Vögele, PwC-Manager Steuerberatung. PwC-Senior-Manager Roland Besmer gab einen Überblick über Vor- und Nachteile der Mehrwertsteuer und ihre zunehmende Bedeutung.