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Zitat

"Wir müssen unsere Kader mehr fordern. Viele Unternehmen haben an der Spitze Zirkuspferde. Der Ackergaul aber zieht die Furchen, in die man säen kann."
Rheintalische Volkszeitung, 24. November 2007

Contact

AFG Arbonia-Forster-Holding AG
Dr. Edgar Oehler
Amriswilerstrasse 50
CH-9320 Arbon
T +41 71 447 41 41
F +41 71 447 45 89
presse@afg.ch

Interviews are only available in German.

Wir brauchen ein Konjunkturprogramm von 10 Milliarden

[Cash | 18 January 2009 | Interview]

Schwere Blutvergiftung: Küchenkönig Edgar Oehler (66) ging knapp am Tod vorbei. Doch jetzt ist der Chef von Arbonia-Forster wieder auf dem Damm. Seine Forderung: Der Staat muss viel aktiver gegen die Krise vorgehen.

 Schwere Blutvergiftung: Küchenkönig Edgar Oehler (66) ging knapp am Tod vorbei. Doch jetzt ist der Chef von Arbonia-Forster wieder auf dem Damm. Seine Forderung: Der Staat muss viel aktiver gegen die Krise vorgehen.

Balgach SG, Freitagmorgen, 11 Uhr, ein gewöhnlicher Werktag - und Edgar Oehler sitzt nicht wie gewohnt seit 6 Uhr morgens in seiner Arbonia-Forster-Holding (AFG) in Arbon TG. Der Präsident und CEO des Küchen- und Fensterbauers ist zu Hause geblieben in seiner 22-Zimmer-Villa. Die vergangenen vier Wochen verbrachte der frühere CVP-Nationalrat im Spital. Eine schwere Blutvergiftung.

Drei Ärzte stellten eine Fehldiagnose oder erkannten zumindest den Ernst der Lage nicht. Sie spiesen Oehler mit Schmerzmitteln ab. Erst seine Schwester Monica Richter-Oehler (60), eine Ärztin, und seine Tochter Barbara Hess-Oehler (29), eine Pflegefachfrau, bemerkten die Gefahr, brachten ihn in die St. Galler Klinik Stephanshorn und retteten ihm so das Leben. 

Herr Oehler, wie geht es Ihnen?
In der Klinik machten sie einen wunderbaren Job. Morgen gehe ich wieder ins Büro. Ich bin gut erholt. Schliesslich hatte ich noch nie so viel Ruhe in meinem Leben. Aber so lange im Spital zu sein und an Schläuchen zu hängen, war grausam für mich. Dafür hatte ich viel Zeit zum Nachdenken. 

Sie sind bei AFG gleichzeitig Präsident, CEO und Besitzer. Nicht auszudenken, was passiert, wenn Ihnen etwas zustösst.
Die Frage ging mir im Spital ständig durch den Kopf. Eine solche Krankheit ist wie ein Brand im Haus. Ich habe gemerkt, dass mir der Feuerlöscher fehlt. Ich muss jemanden haben, der das Geschäft in meinem Sinn weiterführen kann.

Denken Sie an jemand Bestimmtes?
Nein, SBB-Chef Andreas Meyer hätte mir gepasst, aber er steht nicht zur Verfügung. Ich suche jemanden, der meine Einstellung teilt: Ein Chef muss sich um die Details kümmern und darf nicht nur über allem schweben. Ich will keinen Helikopterpiloten. Ein Chef muss ein Büezer sein, der sich voll reinkniet. 

Der Aktienkurs von Arbonia-Forster ist um 8O Prozent eingebrochen. Drehen Ihnen die Banken den Geldhahn zu?
Wir sind zum Glück langfristig finanziert und haben mit den Banken keine Probleme. Auch operativ sind wir gut unterwegs. Mit Ausnahme von Grossbritannien haben wir 2008 in fast allen Märkten den Umsatz gehalten oder gar gesteigert. 

Wie schlimm wird 2009?
Falls nicht noch eine Grossbank zusammenbricht und falls in der Bevölkerung das Vertrauen zurückkehrt, bin ich für AFG gedämpft optimistisch. Wir stehen auf fünf Standbeinen. Und wir profitieren von den Wirtschaftsprogrammen, die weltweit aufgegleist werden. Die Abwrackprämien für alte Autos und die Investitionen in Infrastrukturbauten, Energie und Umwelt kommen uns zugute. Die ganze Welt legt milliardenschwere Programme zur Stützung der Wirtschaft auf.

Tut die Schweiz genug?
Nein. Bundesrätin Doris Leuthard und das Staatssekretariat für Wirtschaft haben den Ernst der Lage noch nicht erkannt. Frau Leuthard hat mir im Spätherbst gesagt, es ginge uns doch noch gut. Im Moment stimmt das teilweise noch. Aber wir müssen nach vorn schauen und uns überlegen, was wir gegen die anlaufende Krise tun können.

Die SVP will 500 Franken pro Kopf ans Volk verteilen.
Das bringt nichts. Die Leute würden das Geld aufs Konto legen oder damit Turnschuhe kaufen, die in China hergestellt wurden. Das nützt der Schweizer Wirtschaft nichts. Wir müssen in die Infrastruktur investieren, Gebäude sanieren und Strassen bauen. Auch Verschrottungsprämien für alte Autos bringen etwas.

Wie viel Geld muss der Staat in die Hand nehmen?
Wir brauchen ein Konjunkturprogramm von zehn Milliarden Franken - mindestens.

Am 8. Februar stimmen wir über die Personenfreizügigkeit ab. Was würde ein Nein für Ihr Unternehmen bedeuten?
Wir beschäftigen fast 1500 Leute in Osteuropa. In der Slowakei sind wir der grösste Fensterbauer, wir gehen mit diesen Produkten auch nach Tschechien, Rumänien und Bulgarien. Wenn wir die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit ablehnen, haben wir Schweizer ein Imageproblem. Zwar nicht beim Mann auf der Strasse, aber bei den entscheidenden Leuten der Wirtschaft und in der Politik. Die halten uns jetzt schon für gierig. Nach einem Nein würden sie nicht mehr bei uns einkaufen.

Christoph Blocher ist wie Sie ein Unternehmer. Trotzdem lehnt er die Ausdehnung ab.
Ich kam mit Blocher immer gut aus, wir sind uns ein bisschen ähnlich, aber in diesem Punkt verstehe ich ihn nicht. Die von ihm aufgebaute Ems-Chemie ist auf Gedeih und Verderb vom Ausland abhängig. Ein Nein würde auch sie negativ treffen. Deshalb schweigen auch Blochers Kinder, die heute unternehmerisch tätig sind.